Weg-Zeit-Diagramm für Galaxien und Photonen gemäß der Friedmann-Gleichung

 

Das Folgende Bild dient der Veranschaulichung der physikalischen Bewegungsabläufe in einem nach der Friedmann-Gleichung expandierenden Universum für den Fall verschwindender Raumkrümmung (euklidischer Raum mit e = 0 in der Robertson-Walker-Metrik). Es zeigt die zeitliche Veränderung des Radius' der Friedmann-Kugel und die Bewegung der Photonen von den beobachteten Galaxien zum Beobachter.

 

 

Ein beliebiger Beobachter (grüne Kurve) befindet sich innerhalb seiner Galaxie stets auf der Oberfläche einer Friedmann-Kugel (FK) mit dem Radius R(t), die sich gemäß der Friedmann-Gleichung ungleichförmig ausdehnt und die die gesamte, in die Gleichung (I,13)

 

 

eingehende, Masse M enthält, die zu allen Zeitpunkten gleichmäßig in der FK verteilt ist und auch bleibt (es gilt immer r = const für alle Galaxien).

 

Egal an welchem Punkt sich der Beobachter im Universum befindet, er schaut beim Beobachten bzw. Messen immer in eine FK hinein, wobei es keine Rolle spielt, welche Beobachtungsrichtung er dabei auswählt (Kosmologisches Prinzip: homogenes und isotropes Universum).

 

Die Expansion der FK erfolgt so, dass das Zentrum der FK stets mit dem Beobachter kausal verbunden ist. Dies wird durch die schräge Gerade R = ct ausgedrückt, die vom Koordinatenursprung 0 zum Beobachter S (Lichtsenke) verläuft. Mathematisch wird diese Situation durch das Gleichsetzen der beiden Zeitintervalle der Gleichungen (I,10)

 

 

und (I,14)

 

 

in Gleichung (I,15)

 

 

erreicht. [1] Bezogen auf den Mittelpunkt 0 der FK sind hierdurch auch alle Bestandteile der FK miteinander gravitativ-kausal verbunden. Dies entspricht der physikalisch sinnvollen Forderung, dass sich auch die gravitative Wirkung immer mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet. 

Mit den Gebieten links von der Ordinate ist der Beobachter nicht kausal verbunden. Er kann demnach die hinter dem Mittelpunkt der FK befindliche Materie nicht beobachten, obwohl diese zur beliebig ausgewählten FK gehört, auf deren Oberfläche sich der Beobachter aufhält.

Obwohl das Universum unendlich groß ist, kann der Beobachter davon stets nur einen relativ kleinen Teil erforschen. Dieses räumliche Gebiet entspricht wiederum einer FK, in deren Mittelpunkt er sich scheinbar befindet (siehe hierzu auch das Bild von Kapitel 2.2 der Ergänzungen zum 1. Aufsatz). Wir haben es hier demnach mit einem Ereignishorizont zu tun.

 

Zum Anfangszeitpunkt t = 0 sind wegen S(t) = 0 alle Abstände R(t) = S(t)r innerhalb der FK unendlich klein und der Radius der FK ist ebenfalls Null (Anfangssingularität) [2]. Zu diesem Zeitpunkt beginnt sich das Universum auszudehnen, wodurch sich der Radius der FK entsprechend der Friedmann-Gleichung vergrößert und hierdurch auch sämtliche Abstände innerhalb der FK wachsen. In der Frühzeit der Expansionsbewegung ist die Änderungsgeschwindigkeit dR/dt vom FK-Radius sogar größer als die Lichtgeschwindigkeit. Sie erreicht die Lichtgeschwindigkeit zur Schwarzschild-Zeit tS, wenn der Radius gerade dem Schwarzschild-Radius der in die Friedmann-Gleichung eingehenden Masse M entspricht (Ort der roten Tangente R = ct an der grünen Kurve). Ab diesem Zeitpunkt strebt die Radiusänderungsgeschwindigkeit mit Unterlichtgeschwindigkeit dem Wert Null entgegen, der aber erst in unendlich ferner Zeit erreicht wird.  

 

Alle Ereignisse im Universum werden dem Beobachter über Photonen vermittelt, die sich entlang der schrägen schwarzen Geraden R = ct durch die FK bewegen (für Photonen ändert sich der Koordinatenabstand r während ihrer Reise durch das Universum). Hierdurch sieht er das Licht von Galaxien, die es zu unterschiedlichen Zeitpunkten tE emittiert haben, als auch die zugehörigen Skalenparameter S(tE) = SE unterschiedlich groß waren. Die Quotienten aus dem heutigen Skalenparameterwert S(tA) = SA und den jeweiligen Werten zu den unterschiedlichen Emissionszeitpunkten S(tE) sind gemäß Gleichung (I,9)

 

 

für die messbaren Rotverschiebungen verantwortlich. Im Bild sind beispielhaft drei beobachtete Galaxien Q'', Q' und Q (Lichtquellen) eingezeichnet, für die drei verschiedene SE gelten, um das deutlich zu machen. Außerdem sind für die Lichtquelle Q einige Abstandsbezeichnungen angegeben, die sich auch im ersten Aufsatz finden. Speziell ist für dieses Beispiel der tatsächliche Lichtweg D = RSA – RQE zu erkennen, der indirekt in die Berechnung des Rotverschiebungsabstandes als "scheinbare" Entfernung eingeht. Der Begriff "scheinbar" wird hier verwendet, weil dieser Abstand nicht dem heutigen Abstand zwischen Lichtquelle Q und Lichtsenke S entspricht. Dieser berechnet sich über RSA – RQA. Die "scheinbare" Entfernung D, d.h. der vom Photon tatsächlich zurückgelegte Weg, ist für die Schwächung der Intensität des Lichtstrahles während der Lichtlaufzeit tA - tE verantwortlich und korrespondiert deshalb mit der scheinbaren Helligkeit m.

 

Sicherlich hilft es dem Betrachter des Bildes, wenn er sich die Beobachtergalaxie beim dimensionslosen Koordinatenabstand r = 1 vorstellt. Dann wären die im Bild außerdem noch eingezeichneten beobachteten Galaxien Q'', Q' und Q etwa bei r'' = 0,25, r' = 0,5 und r = 0,75 angesiedelt. Das gilt für den Zeitpunkt tA (heute) genauso, wie für den Zeitpunkt tS (Schwarzschild-Zeit), als die FK gerade so groß war, wie es ihr Schwarzschild-Radius RS = 2MG/c2 ausdrückt. Insofern ist die Zeichnung einigermaßen maßstabsgetreu. Das Gebiet, das den Schwarzschild-Zustand vom Universum beschreibt (gelbes Rechteck), ist im Bild übgroß dargestellt, um es besser wahrnehmen zu können.

Werden aus einleuchtenden physikalischen Gründen keine Überlichtgeschwindigkeiten dR/dt > c für die Expansion des Universums zugelassen, beginnt die Expansion erst bei tS bzw. RS, wobei in diesem Fall sinnvollerweise das Weltalter auf tS = 0 normiert werden sollte. In diesem Fall expandiert das Universum zwar, aber es hat keinen Urknall gegeben. Hierzu sind einige Anmerkungen im vierten Aufsatz zu finden.

 

 

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Copyright by Steffen Haase, Greifswald (1998) and Leipzig (1999)

 

 

Letzte inhaltliche Änderung: 28.03.2005
Letzte Schreibfehlerkorrektur: 01.05.2005

 



[1] Dies bedeutet zugleich, dass zu jedem Zeitintervall, in dem die Galaxie mit dem Beobachter gemäß der Friedmann-Gleichung einen bestimmten Weg zurücklegt, auch ein dazu passender Lichtweg existiert. Das ist unmittelbar einleuchtend. Für das Zeitintervall tA (heute) ergibt sich als Lichtweg gerade DA = RSA: Licht, das zum Beginn der Expansion ausgestrahlt wurde, erreicht den Bebachter gerade zum heutigen Zeitpunkt. Hierdurch erfasst auch die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitende Gravitationswechselwirkung stets die gesamte FK.

[2] Hieraus folgt dann unmittelbar, dass das Universum zu diesem Zeitpunkt ebenfalls unendlich klein gewesen sein muss, weil alle seine Bestandteile - die das Universum bildenden Friedmann-Kugeln – damals unendlich klein waren. :-)